Ostfriesische Weihnachten in Frankreich

Wie soll das denn funktionopeln? De hem dor gor kien Kluntje.

Es begab sich aber zu der Zeit, das ich im Jahre 2020 in meinem kleinen französischen Dorf auf einmal das tiefe Bedürfnis spürte meine deutsch- ostfriesische Weihnachtskultur an meine Kinder weitergeben zu wollen. Ich hatte mich beim letzten Ostfriesland Besuch schon vorbereitet und zwei Pakete Kluntje, Tee, Senf und ein Glas eingelegte Gurken bei Multi gekauft und das Rullerkes Eisen als meine Erbschaft reklamiert. Mein Plan, ein echtes richtiges Weihnachten zu kochen für die französische Schwiegerfamilie. Rouladen mit Kartoffeln und Rotkohl, Rullerkes, auch Neujahrskuchen genannt, mit Schlagsahne zum Nachtisch.

Allerdings, kann man das ja in Frankreich nicht so stehen lassen. Da muss noch ein Entrée dazu mit Apéro vorweg und Käseplatte mit Brot… ja und die „ bûche“ [Büsch] aus Buttercreme darf ja natürlich auch nicht fehlen. Aber darum kümmert sich die Schwiegerfamilie, ich bleibe bei meiner selbst auferlegten challenge, ein deutsch- ostfriesisches Hauptgericht zu zaubern.

Als erstes wollen die Neujahrskuchen zubereitet werden, und da Kardamom und Anis nicht ausschließlich am Plytengebirge angebaut wird, gibt es mit dem Teig auch keine Probleme. Ich muss allerdings gestehen, dass ich normalen Zucker genommen habe, denn meine Kluntje waren mir zu kostbar. Das Rezept stammt natürlich, fein säuberlich ausgeschnitten aus der Ostfriesen Zeitung und wurde dann in der Rezepte Kiste meiner Mutter wer-weiss-wie lange aufbewahrt.

Voller Stolz und Aufregung nehme ich also das 50 Jahre alte Waffeleisen aus seinem 50 Jahre alten Karton und stelle mir vor dass noch nie ein Neujahrskuchen Waffeleisen soweit entfernt von Ostfriesland benutzt wurde. Und da sehe ich auch warum ich wahrscheinlich recht habe. Der 50 jährige deutsche Stecker hat ein anderes Erdungssystem als die französischen Steckdosen.

Aber für die Tochter eines Elektrikers ist das natürlich überhaupt kein Problem, und für ihren Mann erst Recht nicht.

Los geht’s und die Kinder freuen sich zu rollen, zu löffeln und natürlich zu probieren.

Nächster Schritt: Rotkohl. Den gibt es nämlich irgendwie nicht fertig im Glas sondern will geschnitten, geputzt und mit Äpfeln und Nelken Stundenlang zerkocht werden. „ Das bereite ich lieber schon eben heute vor, dann hab ich da morgen keinen Stress mit.“ höre ich meine Mutter in meinem Kopf sagen. 3 Stunden später ist der Kohl immernoch nicht so zerkocht, dass er einem im Munde auseinander fällt, aber ich stelle jetzt mal lieber den Herd aus, ich will ja nicht den ganzen Tag in der Küche verbringen.

Und da fällt es mir irgendwie wie Schuppen aus den Augen. Ja, das ist es für mich. Echte, richtige ostfriesische Weihnachten ist, wenn die Mutti den ganzen Tag in der Küche rumwuddelt. Was echte französische Weihnachten sind, werde ich wohl nie richtig begreifen, und meine Kinder… Ja die nehmen sich das beste aus den Kulturen und freuen sich vor allem auf Geschenke.

Was aus den Rouladen wird, und wie man Rouladenrindfleisch auf französisch sagt, sehen wir dann im nächsten Eintrag, ich muss jetzt wieder zurück in die Küche, damit ich kein Heimweh kriege. Und weil die Schwiegerfamilie morgen kommt.

4 Replies to “Ostfriesische Weihnachten in Frankreich”

  1. Ha, kniepertjes und Vegters rolletjes hatten wir in Groningen auch!
    Und du berauschst einen Schnellkochtopf. Rode kool in 4 Minuten klaar! Och kann’s wissen, wir heißen Koolen!

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